Endet jede Schachpartie? Um unendlich lange Schachpartien zu verhindern, wurde zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts folgende Regel vorgeschlagen: Eine Schachpartie sollte Remis enden, wenn dieselbe Zugfolge, mit allen Figuren auf den selben Feldern, dreimal hintereinander vorkommt. Max Euwe, ein niederländischer Mathematiker und 1935-37 Schachweltmeister, zeigte, dass trotz der genannten Regel unendliche Partien möglich sind. Sein Argument beruht auf der von Euwe wiederentdeckten 0-1-Folge von Thue-Morse, die wie folgt konstruiert wird: (i) Starte mit einer 0. Danach iteriere: (ii) Hänge an die bestehende Sequenz die invertierte Sequenz dran. (Invertieren heisst 0 durch 1 ersetzen und umgekehrt.) Also: 0 01 0110 01101001 0110100110010110 usw. Diese Folge hat unter anderem die schöne Eigenschaft, dass kein Teilstück (egal welcher Länge) sich dreimal hintereinander wiederholt. Merken Sie etwas? Genau: Euwe übersetzte die Folge geschickt in Züge einer Schachpartie und fertig war die nicht endende Partie. Die FIDE (Fédération Internationale des Échecs) entschied sich daraufhin für eine andere Abbruchregel: Ein Spieler kann Remis verlangen, wenn zum dritten Mal die selbe Stellung erscheint. [http://chessprogramming.wikispaces.com/Max+Euwe] Folgen vom Typ Thue-Morse spielen eine zentrale Rolle im Teilgebiet "Combinatorics on words" der diskreten Mathematik (siehe das gleichlautende Buch von M. Lothaire). Ein ungelöstes Problem aus dieser Gegend gefällig? Voilà: Gibt es eine beschränkte Folge ganzer Zahlen, so dass keine zwei aneinandergrenzende Abschnitte gleicher Länge die selbe Summe haben? (Für "Produkt" statt "Summe" ist die Antwort bekannt.) Further reading: Lorenz Halbeisen, Norbert Hungerbühler: An application of Van der Waerden's theorem in additive number theory Integers 0, #A07 1-5(2000) [http://www.integers-ejcnt.org/vol0.html]